Der Bundesgerichtshof hat dem Europäischen Gerichtshof in einem politisch brisanten Fall Fragen zu Entscheidung vorgelegt. Konkret geht es um die sogenannten Afghanistan Papiere, die die Bundesregierung für einen eingeschränkten Kreis von Parlamtentariern hatte erstellen lassen.
Die Dokumente waren an eine Zeitung gelangt, die eine Veröffentlichung der Berichte vornahm; die Bundesregierung war damit nicht einverstanden und wandte sich gegen diese Veröffentlichung, wobei sie sich u.a. auf ihr Urheberrecht an den Berichten berief. Das Urheberrecht ist allerdings Schranken unterworfen und gewährt in bestimmten Ausnahmefällen einem Verwerter weitreichende (Veröffentlichungs)Rechte. Konkret ging es nun um die Frage, ob sich die Zeitung bei der Veröffentlichung der Lageberichte auf ihr (urheberrechtlich geschütztes) Recht auf Berichterstattung berufen konnte und ob sie die Dokumente als (urheberrechtsfreies) Zitat veröffenlichen durfte. Beide Fälle sind als Ausnahmetatbestände anerkannt.
Der Pressemitteilung nach hält der BGH jedoch – ebenso wie die Gerichte in den Vorinstanzen – die Ausnahmefälle nicht für erfüllt, so dass die Veröffentlichung wegen Urheberrechtswidrigkeit unzulässig wäre. Allerdings ist nach dem Gericht eine europarechtskonforme Abwägung zwischen dem Urheberrecht und dem Geheimnisschutz einerseits und allgemeinen Recht auf Berichterstattung und Informationsfreiheit andererseits zu treffen, so dass eine Entscheidung des EuGH notwendig ist.
Es erscheint fraglich, ob die urheberrechtlichen Schrankenbestimmungen (Berichterstattung und Zitatrecht) im vorliegenden Fall überhaupt als Maßstab anzulegen sind. Das Urheberrecht dient dem Sinn und Zweck nach dem Schutz der Persönlichkeit des Urhebers und dessen emotionaler Bindung zu seinem Werk und seinem Verwertungsinteressen. Darum geht es der Bundesregierung jedoch gar nicht; sie will vielmehr als Reflex aus dem Gesetz einen Schutz ihrer vertraulichen Texte erreichen. Ob das Urheberrecht hierfür das geeignete Instrumentarium ist, ist unklar.
Insofern geht es um die generelle Abwägung der sich gegenüberstehenden fundamentalen Rechte beider Seiten.